Pressemitteilung

Halbes Jahr Ankerzentren

Integration statt Ausgrenzung

Sechs Monate nach der flächendeckenden Einrichtung der Ankerzentren in Bayern ziehen der Deutsche Caritasverband und der Diözesan-Caritasverband eine differenzierte Halbjahresbilanz. „Einiges ist besser geworden, einiges schlecht geblieben, manches schlechter geworden“, resümieren Caritas-Präsident Peter Neher und Diözesan-Caritasdirektor Georg Falterbaum.

Zu lange Aufenthaltsdauer ohne Schutz

Caritas-Präsident Peter Neher besucht Ankerzentrum ManchingCaritasdirektor Georg Falterbaum, Kreisgeschäftsführerin im Caritas Zentrum Pfaffenhofen, Pia Tscherch, Caritaspräsident Peter Neher und Fachdienstleiterin Soziale Beratungsdienste Flüchtlings- und Integrationsberatung im Caritas Zentrum Pfaffenhofen, Gabriele Störkle (von links) vor Ihrem Besuch im Ankerzentrum Manching.Foto: Diözesan-Caritasverband München und Freising

Die kürzere Verfahrensdauer sei zumindest für die neu ankommenden Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive positiv zu beurteilen. Auch die gesundheitliche Versorgung habe sich verbessert. Kritisch werten Neher und Falterbaum die teils monate- und jahrelange Aufenthaltsdauer in den großen Einrichtungen. Dies führe zu inakzeptablen Bedingungen. „Das ist nicht hinnehmbar. Die Aufenthaltsdauer in den Ankerzentren muss deutlich gesenkt werden, insbesondere für Familien“, fordert Neher. Besonders vulnerable Gruppen wie Kinder, kranke oder traumatisierte Menschen sowie Opfer von Menschenhandel fänden keinen ausreichenden Schutz. Zudem müsse eine professionelle Beratung mit einer ausreichenden Anzahl unabhängiger Berater/innen bei einer auskömmlichen Refinanzierung sichergestellt werden.

Kinderbetreuung und Beschulung ausbauen

Viel Luft nach oben gebe es auch bei der Beschulung, der Kinderbetreuung und im Umgang der Behörden mit den teils schwer traumatisierten Flüchtlingen. Neher und Falterbaum bekräftigen, der politische Schwerpunkt müsse stärker auf Integration gelegt werden statt auf Ausgrenzung und Abschiebung. „Wir sind überzeugt, der gesellschaftliche Zusammenhalt wird gestärkt, wenn wir mehr Solidarität mit den Zuflucht Suchenden zeigen statt Flüchtlinge mit Arbeitsverboten aus dem gesellschaftlichen Miteinander auszuschließen“, betont Neher. Auch eine schnellere Unterbringung in kleineren und dezentralen Einrichtungen fördere die Integration, ergänzt Falterbaum.

Arbeit und Ausbildung wichtig für Integration

Er verweist auf die Erfahrungen des Diözesan-Caritasverbands München-Freising in zahlreichen großen und kleinen Unterkünften für Flüchtlinge. Diese zeigten, dass Integration umso schneller und effektiver funktioniere, je früher die Zuflucht Suchenden arbeiten dürften oder eine Ausbildung beginnen könnten. „Wir plädieren für eine Lockerung der Arbeitsverbote für Flüchtlinge. Asylsuchende sollten Zugang zum nachrangigen Arbeitsmarkt erhalten, insbesondere, wenn sie helfen, ihre Identität nachzuweisen“, unterstreichen Neher und Falterbaum übereinstimmend. Daraus könne eine Win-Win-Situation entstehen, wenn Flüchtlinge sich in Mangelberufen wie etwa in der Pflege engagieren oder eine entsprechende Ausbildung anstreben. Theoretisch sei das im 3+2-Verfahren auch möglich. „Leider stellen wir aber fest“, so Falterbaum, „dass der Zugang zu diesem Programm je nach Landkreis sehr unterschiedlich gehandhabt wird“.